Kapitel 1: Der verregnete Morgen
Es war ein grauer Morgen, als Mia aus dem Fenster schaute. Der Regen prasselte leise gegen die Scheiben, und die Wolken hingen schwer am Himmel. Mia seufzte und zog die Decke enger um sich. Heute fühlte sich alles ein bisschen schwerer an, als ob der Regen nicht nur draußen, sondern auch in ihrem Herzen fiel.
„Mia, kommst du zum Frühstück?“, rief ihre Mutter aus der Küche. Die Stimme klang warm und liebevoll, aber Mia konnte ihr Lächeln nicht erwidern. Langsam schlurfte sie in die Küche, wo der Duft von frisch gebackenem Brot den Raum erfüllte.
„Guten Morgen, mein Schatz“, sagte die Mutter und strich Mia sanft über den Kopf. Doch Mia nickte nur stumm und setzte sich an den Tisch. Sie schaute auf ihren Teller, aber der Appetit wollte einfach nicht kommen.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte die Mutter mit einem besorgten Blick. Mia zuckte mit den Schultern. Wie konnte man erklären, dass man sich traurig fühlte, ohne einen bestimmten Grund?
Kapitel 2: Der einsame Spaziergang
Nach dem Frühstück zog sich Mia ihre Regenjacke an und entschied sich für einen Spaziergang. Der Regen hatte nachgelassen, und die frische Luft fühlte sich gut an auf ihrer Haut. Sie folgte dem kleinen Pfad, der in den nahen Wald führte, und lauschte dem sanften Rascheln der Blätter.
Der Wald war ein Ort, an dem sich Mia oft geborgen fühlte, doch heute schien selbst die Natur ihre Traurigkeit zu spiegeln. Die Bäume standen still und schwiegen, und die Vögel hatten sich in ihren Nestern verkrochen.
Plötzlich hörte Mia ein leises Schluchzen. Neugierig folgte sie dem Geräusch und entdeckte ein kleines Reh, das sich im Unterholz verheddert hatte. Es zitterte vor Angst und konnte sich nicht befreien.
„Oh, du armes Ding“, flüsterte Mia und näherte sich vorsichtig. Mit sanften Händen löste sie die Äste, die das Reh gefangen hielten. „Du bist jetzt frei“, sagte sie leise. Das Reh schaute sie mit großen, dankbaren Augen an, bevor es in den Wald davonhüpfte.
Kapitel 3: Das geteilte Geheimnis
Als Mia nach Hause kam, wartete ihre Mutter bereits mit einer Tasse heißer Schokolade auf sie. „Wie war dein Spaziergang?“, fragte sie und reichte Mia die Tasse.
„Ich habe ein Reh getroffen“, erzählte Mia und ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Es war gefangen, aber ich habe ihm geholfen.“
Die Mutter lächelte und setzte sich neben Mia. „Das war sehr mutig von dir. Manchmal hilft es, anderen zu helfen, um sich selbst besser zu fühlen.“
Mia nickte nachdenklich. Vielleicht hatte ihre Mutter recht. Das Gefühl, dem Reh geholfen zu haben, war schön gewesen, und für einen Moment war die Traurigkeit verschwunden.
Kapitel 4: Ein neuer Morgen
Am nächsten Tag schien die Sonne hell durch das Fenster und weckte Mia mit einem warmen Strahl auf der Nase. Sie öffnete die Augen und bemerkte, dass sich etwas verändert hatte. Die Traurigkeit war nicht ganz verschwunden, aber sie fühlte sich leichter.
„Guten Morgen, Sonnenschein“, sagte die Mutter fröhlich, als Mia in die Küche kam. „Heute ist ein neuer Tag.“
Mia setzte sich an den Tisch und nahm einen großen Bissen von ihrem Frühstück. Sie dachte an das Reh und das Gefühl, es befreit zu haben. Vielleicht konnte sie auch ihr eigenes Lächeln wiederfinden, Stück für Stück.
„Danke, Mama“, sagte Mia plötzlich und schaute ihrer Mutter in die Augen. „Für alles.“
Die Mutter lächelte und zog Mia in eine liebevolle Umarmung. „Immer, mein Schatz. Immer.“
Und so begann Mia langsam, ihr verlorenes Lächeln zurückzugewinnen, einen kleinen Schritt nach dem anderen.